
Mit Bänken und Stühlen vor der Kirche, mit ökumenischer musikalischer Unterstützung und mit einer schönen Zeit – unter Einhaltung der Corona-Bedingungen – nach dem Gottesdienst konnten wir den 50. Weihe-Jahrestag unserer kleinen Kirche würdig begehen.
Hier die Ansprache zum Nachlesen:
Statio:
Ich begrüße Sie alle – auch im Namen von Herrn Pfr. Wojcik – ganz herzlich zu unserem Festgottesdienst zum 50. Jahrestag der Weihe und Indienstnahme unserer kleinen Kirche St. Joseph hier in Romrod, auf den Tag vor 50 Jahren durch Weihbischof Rolly.
Ich danke Herrn Pfr. Wojcik dafür, in diesem Gottesdienst die Ansprache halten zu dürfen und ich freue mich ganz besonders darüber, dass wir musikalische Unterstützung erfahren dürfen:
Durch unseren Jakob an der Orgel und durch unsere Freunde von der ev. Stadtmission in Alsfeld. Es unterstützt uns heute Frau Clemens am Klavier.
Wir wollen Gott heute danken für die 50 Jahre mit dieser kleinen Kirche.
Es hat sich viel ereignet in diesen Jahren: Von den Gründern und Erbauern sind viele nicht mehr unter uns, umso mehr freuen wir uns über doch einige Zeitzeugen, die heute mit uns feiern, allen voran zu nennen Herrn Walter Schneller.
Wir haben aus den gegebenen Gründen mehr Abstand zwischen uns und werden auch im Anschluss an diesen Gottesdienst wohl mit Gesichtsbedeckungen miteinander sprechen, aber wir wollen dennoch noch zusammenbleiben, eine Kleinigkeit essen und trinken und Gemeinschaft haben.
Gott selbst ist es, der uns einlädt.
Ansprache (Lesung: 1 Petr 2, 4-9):
Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,
ich möchte auf drei Aspekte bei unserem Kirchenjubiläum eingehen, nämlich die drei Aspekte, die auch in dem Wort Kirche zusammengefasst werden.
(Hoffentlich wird die Ansprache dann nicht auch dreimal so lang.)
Wenn wir das Wort Kirche verwenden, dann bezeichnet das für uns drei Dinge:
Erstens: das Kirchengebäude
Zweitens: den Kirchenverein, die Gemeinde und
Drittens: die Kirche Christi, die Gemeinschaft der Glaubenden, die Ecclesia, griechisch von ecclein- herausrufen, die geistliche Gemeinschaft der Herausgerufenen aus der Welt, im Sinne des Leibes Christi, er ist das Haupt, wir sind die Glieder.
Zunächst zur Gemeinde, der katholischen Kirche hier vor Ort:
Unsere kleine Kirche wurde erbaut aus der Sehnsucht der damals heimatvertriebenen hpsl. Sudetendeutschen, welche hier im protestantischen Oberhessen in die spirituelle Fremde kamen.
Es war für alle eine schwere Zeit. Die Zeit der Einquartierung, auch im Schloß Romrod, wo im Rittersaal die ersten Messen gefeiert wurden.
Die Sehnsucht und die Motivation der Katholiken erfüllten sich: Am 1. März 1970 erfolgte der „Erste Spatenstich“ in der Ferdinand-Richtberg-Str. 5, Ende April begann man mit der Holzkonstruktion und hielt trotz Wind und Wetter das Richtfest am 22. Mai mit dem Lied „Großer Gott, wir loben Dich“. Am 6. September konnte die neue Kirche für 126 Personen durch Weihbischof Rolly geweiht werden.
In der Zwischenzeit ist viel passiert.
Es wurden seit der Gründung fünf Pfarrer verabschiedet:
Sie hießen Wolfgang Walter, Gerold Kreysa, Hans-Jürgen König, Johannes Mühlen und Jerzy Dmytruk.
Es sind in diesen 50 Jahren, das sind zwei Generationen, mehr Gemeindemitglieder gegangen, als dazugekommen sind. Und von den Gründerfamilien sind kaum noch Gemeindemitglieder aktiv in der Gemeinde. Es kamen aus anderen Regionen Katholiken hinzu, besonders zu nennen aus Oberschlesien und Polen.
Nicht nur die Welt und die Zivilgesellschaft hat sich zwischenzeitlich sehr verändert, auch die Kirche und ihre Vollzüge. Und dabei ist nicht alles schlechter geworden.
Hier in Romrod haben wir immer noch schöne Feiern und Feste gehabt, die natürlich aktuell aus Coronagründen ausfallen mussten.
Was besonders schön ist:
Obwohl wir hier so wenige geworden sind, ist die Bereitschaft Mitzuhelfen sehr groß. Und die familiäre Atmosphäre in unserer kleinen Josephsgemeinschaft ist legendär.
Soviel zur Geschichte der Gemeinde.
Der zweite Aspekt: Das Gebäude.
Unser Kirchengebäude von St. Joseph ist ein Holz- und Glasgebäude, einem Zeltbau nachempfunden (Zwillingsschwester in Trutzhain).
Das hat theologisch eine mehrfache tiefe Bedeutung:
Das Volk Israel hat auf seiner Wanderschaft durch die Wüste stets der Bundeslade das Levitenzelt aufgeschlagen – der Ort, der das damalige „Allerheiligste“, nämlich die Schriftrolle beherbergte.
In nachchristlicher Zeit wurde und wird ebenfalls das „Allerheiligste“, nämlich das eucharistische Brot, der Leib Christi, im sog. Tabernakel (hebr.: Zelt) aufbewahrt. Insofern ist dieser Zeltbau stets der Ort des Allerheiligsten: Im Wort und im Brot Gottes.
Dazu soll uns der Bau gemahnen, dass wir auf dieser Erde keine bleibende Heimat haben, sondern dass wir Durchreisende sind mit Zelt und Wanderstab. Unsere Heimat ist in der göttlichen Dimension jenseits der sichtbaren Schöpfung.
Dieser Weg des Lebens, der durch die Kirche vom Taufstein ausgehend über den Tisch des Herrn in die Ewigkeit Gottes weist, ist auf dem Altarbild an der Giebelwand hinter dem Altar zu sehen (vom Künstler Willi Kiel aus Fulda): Aufsteigend durch die Dornenkrone zum goldenen Licht, dem Licht der Welt, das als der liebende Christus auf uns wartet.
Im Altarraum befinden sich neben Tabernakel, Altar und Ambo eine Holzskulptur des Heiligen Joseph mit dem Jesuskind und das große, von der Decke abgehängte Holzkruzifix (siehe ganz oben). Beide Holzskulpturen wurden vom Künstler Alfred Langer aus Kestrich geschaffen, der im Jahr 2005 aus unserer Gemeinde verstarb.
Es gäbe noch vieles hier zu entdecken, aber ich möchte es zunächst damit bewenden lassen.
Der dritte und letztlich wesentliche Aspekt:
Die Kirche Jesu Christi.
Der Glaube braucht zunächst kein Gebäude. Auch der Menschensohn hatte keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen konnte: Auf die Frage, wo er denn wohne, antwortete Jesus an einer Stelle lediglich mit: Kommt und seht.
Er braucht keine Kirche.
Wir brauchen eine Kirche.
Für uns ist Kirche ein Sakrament:
Ein wirksames Heilszeichen der Liebe Gottes in dieser Welt.
Ein Ort der „Glaubensgeborgenheit“.
Wir brauchen einen Ort, an dem wir uns versammeln, wo wir Gottes Wort hören, unseren Glauben feiern, Gott lobpreisen und unserem Heiland danken. Wir feiern die Gemeinschaft mit Gott und untereinander und dazu ist ein Haus sehr hilfreich.
Und es ist gut, wenn die Kirche im Dorf bleibt, wenn es eine Nähe, ein Heimatgefühl in der Kirche gibt.
Gerade in dieser Zeit, in der sich alles aufzulösen scheint, ist das wichtig. Wir brauchen vertraute Räume und vertraute Menschen. Sicher: Wir wissen nicht, wie es mit der Entwicklung der Kirche weitergeht, wieviele Menschen sich für den Glauben und für ein aktives Gemeindeleben entscheiden.
Vielleicht wird auch diese kleine Kirche irgendwann auf der Abschussliste stehen. Dann müssen wir weitersehen.
Heute aber sind wir hier.
Wir sind dankbar für diese kleine Kirche, die uns Glaubenshalt, Vertrautheit, Gemeinschaft, schöne Gottesdienste und Begleitung in allen Lebenslagen und -ereignissen gegeben hat: in den schönen und in den schweren Tagen.
Und wir beten zu Gott mit Dank und der Bitte, dass wir noch lange hier beten und feiern dürfen.
Die Kirche Jesu Christi ist allerdings letztlich auch etwas Inwendiges und etwas, das wir nicht selbst herstellen oder gründen können.
Alle diese Dinge, die bisher genannt wurden haben ihren Ursprung und ihr Wesen in dem, der alles umspannt und ist, das Alpha und das Omega.
Was auch immer in der Zukunft geschieht:
Wir dürfen uns darauf verlassen, dass Jesus Christus uns wie seine Kirchengebäude umgibt und vielleicht noch sehr viel mehr Geborgenheit geben kann:
Er ist der feste Grundstein,
er ist das schützende Dach,
er ist die starke Wand und das bunte Fenster.
Wenn diese Kirche Jesu Christi in uns ist, werden wir selbst zur Kirche.
Amen.
Fürbitten V: Gott unser Vater, du bist um uns und schenkst uns Geborgenheit. Du sorgst dich um uns als deine Kinder, so kommen wir vertrauensvoll mit unseren Bitten zu dir:
Bitten: Wir beten für alle Menschen, die an Jesus Christus glauben und von ihm weitererzählen – ob sie ein Kirchengebäude haben oder nicht. Segne sie und öffne die Herzen ihrer Zuhörer für Deine Botschaft. – Gott, unser Vater
A: Wir bitten Dich, erhöre uns
Wir beten für die verstorbenen Gemeindemitglieder und die verstorbenen Pfarrer von St. Joseph Romrod. Lass sie in deinem Frieden und in deiner Herrlichkeit angekommen sein. –
Gott, unser Vater
Wir beten für alle, die wegen ihres christlichen Glaubens unter Repressalien und problematischen Entscheidungen zu leiden haben, vor allem für die verfolgten Christen auf der ganzen Welt. Schenke ihnen Geduld und Kraft zur Vergebung. –
Gott, unser Vater
Wir beten in dieser Zeit der Corona-Beschränkungen für alle Gemeinschaften, alle Gemeinden, Familien, Vereine, Freundeskreise und Nachbarschaften. Schenke ihnen geduldiges und friedvolles Miteinander. –
Gott, unser Vater
Wir beten für unsere Gemeinde St. Joseph hier vor Ort. Schenke und erhalte uns auch in Zukunft gute, liebevolle und friedliche Gemeinschaft im Glauben und in der Liebe. –
Gott, unser Vater
V: Gott, unser Vater, Du hältst uns und tröstest uns. Du bist unsere verlässliche Heimat in Ewigkeit.
Dafür danken wir dir und loben dich, heute und in alle Ewigkeit. Amen.